Müde und mit vielen neuen Eindrücken sind die Jugendlichen in ihren vier Reisebussen aus Bolechowice Richtung Halle und Magdeburg gestartet. Einige der 192 Teilnehmenden aus dem Bistum Magdeburg sind bereits gestern individuell abgereist, nachdem wir die Nacht von Samstag zu Sonntag mit allen 2,2 Mio. jungen Pilgern auf einem großen Feld, dem Campus Misericordiae etwas südlich von Krakau verbracht haben. Diese Abschlussnacht mit dem Papst ist das übliche Highlight der Weltjugendtage. Entgegen vieler Bedenken hatten wir ein großes Glück mit dem Wetter und kamen trocken durch die Nacht mit Vigil, Konzerten und Musik, besinnlichen Runden, Kartenspielen und Tänzen und einem gemeinsamen Gottesdienst am nächsten Morgen.
„Wir haben so viel erlebt, da kommen uns die Hinfahrt und die ersten Tage in Gdynia so weit weg vor“, meinten Jugendliche aus Magdeburg in der gemeinsamen Abschlussrunde auf dem Camp.
Und in der Tat, vor 12 Tagen sind die Jugendlichen aus den Dekanaten Stendal, Magdeburg, Halle, Egeln, Torgau, Halberstadt, Dessau, Merseburg ausgestattet mit Schlafsack, Isomatte und Gastgeschenk darüber hinaus mit Pilgerhut und weiteren Erkennungszeichen wie Ansteckern und Bannern gemeinsam von Halle und Magdeburg aus gestartet. Der erste Stopp war ein zusammenkommen in der Berliner Jugendkirche, wo der Reisesegen gespendet wurde.
Das Bistum Magdeburg kooperiert bei der Organisation und Durchführung der Fahrt mit dem Erzbistum Berlin, sodass auch immer wieder gemeinsame Aktionen und Begegnungen auf dem Programm standen, besonders bei den Tagen der Begegnung, die im Erzbistum Danzig stattfanden.
Nach einer langen Fahrt durch die schöne polnische Landschaft kamen wir am Mittwoch gegen 20.00 Uhr in Gdynia an, eine von drei sich aneinander reihenden Städten (Gdynia, Gdansk und Sopot) an der Ostseeküste. Zu zweit oder maximal zu viert wurden die Jugendlichen von den ihnen zugeteilten Gastfamilien erwartet. „Deren Gastfreundschaft ist kaum zu beschreiben. Bei den Mahlzeiten wurden immer sehr große Portionen aufgetan und auch wenn die Gäste satt waren, bekamen sie immer noch einen Nachschlag“, so Emanuel, 15 aus Halberstadt. Oft standen typisch polnische Gerichte wie Bigos (Weißkrauteintopf) oder Pierogi (gefüllte Teigtaschen) auf dem Speiseplan. „Auch wenn die Kommunikation auf Deutsch oder Englisch in einigen Familien nicht möglich war, versuchten die Gastgeber, uns jeden Wunsch von den Augen abzulesen, luden zum Eisessen, zu Ausflügen z.B. an den Strand oder gar in den Freizeitpark ein.“ Die Jugendlichen waren erfreut, wie gut man sich auch mit Händen und Füßen verständigen kann und können die Liebenswürdigkeit, Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit der Polen kaum in Worte fassen. Viele hielten kleine und große Geschenke, v.a. Süßigkeiten und Snacks für die Pilger bereit.
Die Tage der Begegnung begannen mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der Kirche der gastgebenden Gemeinde in Gdynia. Es folgten Sightseeingtouren durch die drei Städte. In Gdynia selbst gibt es den größten Hafen Polens und einen Zerstörer aus dem zweiten Weltkrieg zu sehen. Sopot lädt als alter Luftkurort mit einer belebten Altstadt und vielen Cafés zum Bummeln und Verweilen ein. Von der dortigen Seebrücke aus genossen die Jugendlichen einen herrlichen Blick auf das Meer hinaus oder den angrenzenden Badestrand.
Anna, 25 aus Merseburg: „Nach der Stadtführung durch Sopot und Gdynia sollten unsere Volontäre (die polnischen Jugendlichen) unsere Gruppe nach Hause bringen. Anscheinend waren sie damit mächtig überfordert, denn wir liefen mehrmals eine Weile in eine Richtung, um dann den ganzen Weg zurückzulaufen. Irgendwann haben sie sich dann doch mal entschlossen, einen der Passanten um Hilfe zu bitten. Ihre Wahl fiel auf einen jungen Mann. Optisch war er ein Hipster, der wirklich alle Klischees erfüllte. Er jedenfalls erklärte den (wie sich später herausstellte richtigen) Weg. Danach drehte er sich um und ging in die andere Richtung weg. Auf seiner Jeansweste waren am Rücken riesige Engelsflügel aufgemalt.“
Die Tour führte auch an der Kathedrale in Oliwa (Gdansk) vorbei. Der Dom in Oliwa ist mit 107m die längste Zisterzienserkirche der Welt und hat eine imposante Orgel, auf der stündlich ein Konzert gegeben wird, was wir natürlich nicht verpassen konnten.
Stets wurden wir von polnischen engagierten Jugendlichen begleitet, die uns als Freiwillige bei Fragen und zum Übersetzen zur Verfügung standen. Gern zeigten sie uns die richtigen Bus-und Bahnverbindungen oder einfach den Weg zurück nach Hause. In Oliwa hatten andere polnische Jugendliche einen kleinen Stand vorbereitet, wo die Pilger polnische Köstlichkeiten probieren konnten. Schnell kam es zum Austausch zwischen deutschen Jugendlichen, polnischen und Pilgern aus anderen Teilen der Welt und es entwickelte sich ein kleines Festival mit Musik und Tanz.
Elisabeth, 18 aus Haldensleben: „Es war sehr schön zu erleben, wie polnische Jugendliche ihren Glauben leben und wie selbstverständlich das Christsein im Alltag verwurzelt ist, hier sind einfach alle katholisch. Besonders für uns aus einem Diasporabistum ist das sehr beeindruckend.“
Die Innenstadt von Gdansk wurde im zweiten Weltkrieg komplett zerbombt, jedoch aus den Trümmern originalgetreu wieder aufgebaut, sodass sich jetzt eine bunte Kulisse für einen Stadtbummel bietet. Die Marienkirche in der Innenstadt ist die zweitgrößte Backsteinkirche nördlich der Alpen. Sie bietet genügend Platz für alle Pilger die während der Tage der Begegnung das Erzbistum Danzig besuchen. Am Samstag fand hier ein großer Gottesdienst statt, nachdem am Freitagabend all jene, die in Gdynia untergebracht waren, einen gemeinsamen Kreuzweg durch die Innenstadt geführt haben. Den Abschluss bildete ein Jugendfestival in Gdansk und schon hieß es am Sonntagmorgen Abschied nehmen, wobei einige Tränen flossen. Es wurden noch schnell Facebook-Kontakte und Emailadressen ausgetauscht und die Reisebusse fuhren uns zu unserem nächsten Zwischenstopp, Warschau.
In Warschau gab es neben einer Andacht genügend Freizeit für einen Abend in der Altstadt und nach der letzten Nacht in richtigen Betten (wir waren in einem Internat untergebracht) fuhren wir am Montagmorgen Krakau entgegen.
Was in Danzig bereits begann, verstärkte sich in Krakau: Jugendgruppen unterschiedlicher Nationalität waren überall in der Stadt anzutreffen, sie sangen, machten Musik und tanzten und sofort kam man mit ihnen ins Gespräch, woher man komme und ob man zum ersten Mal bei einem solchen Treffen sei. Es wurden Hüte und Fahnen getauscht, Unterschriften gesammelt und jeder lernte ein paar Worte, beispielsweise auf Italienisch, Portugiesisch oder auch Indisch.
Das polnische Wort, das jedem in Erinnerung bleiben wird, ist sicherlich „dziekuje“, das heißt „danke“. Und ein großes Dankeschön gilt auch unseren Gastgebern in Krakau. Wir waren etwas außerhalb der Stadt nördlich von Krakau bei einer Familie im Garten untergebracht. Dort hatten sie zusammen mit den lokalen Pfadfindern ein Zeltlager aufgebaut und kümmerten sich die ganze Zeit über rührend um uns.
Die Katechesen fanden in der Dorfkirche statt und besonders Kardinal Schönborn und Weihbischof König haben die Teilnehmenden gut angesprochen. Viele nahmen sich danach Zeit zum Nachdenken und hatten einige Fragen auf den Lippen. Während Schönborn sehr authentisch von seinem Leben berichtete und ermutigte Vertrauen und Wertschätzung in sich und andere zu haben, ging König der Frage nach, wie man seinen Glauben heute leben kann und was die Jugendlichen tun können, wenn sie nach dem Weltjugendtag in ihren Alltag zurückkehren, wo können sie barmherzig sein? Beiden ging es wie dem Papst in seiner Sonntagspredigt darum, dass junge Menschen nicht bequem und gleichgültig sind, sondern hinsehen, erkennen, Visionen haben und aktiv werden. Sie sollen aus ihrem Glauben heraus die Welt verändern und dabei ggf. auch gegen den Strom schwimmen.
Typisch für einen Weltjugendtag mussten die Jugendlichen auch in Krakau viel Zeit einplanen, um zu einem der großen Events zu gelangen. Die Züge und Busse waren überfüllt und Schlangestehen war schon lange vor dem Einlass die Regel. An allen Angeboten teilzunehmen war somit oft nicht möglich, sodass sich einige Kleingruppen auch bewusst dafür entschlossen haben, mal einen Nachmittag in der Stadt zu verbringen, in der Sonne Postkarten zu schreiben und typisch polnische Waffeln zu essen. Trotzdem waren die Jugendlichen begeistert, dass sie den Papst live sehen konnten. Gleichzeitig haben alle Teilnehmenden erfahren, dass sie Teil einer großen Weltgemeinschaft sind.
Nun freut sich jeder auf eine erholsame Nacht im eigenen Bett – und auf ein Wiedersehen beim WJT 2019 in Panama!
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